Warning: Undefined variable $idd in /home/.sites/84/site2667239/web/cms/wp-content/themes/ue-ridler/single-projekte.php on line 8 Gerda Ridler | Yinka Shonibare

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Yinka Shonibare, End of Empire, 2016
Bristol Museums Galleries & Archives und Wolverhampton Art Gallery
Foto: Stephan White & Co

Gerda Ridler: Yinka Shonibare CBE im Museum der Moderne Salzburg. Eine Ausstellungsbesprechung. In: Kunstmagazin PARNASS, Heft 2/2021, S. 106-107.
 

Das Museum der Moderne Salzburg präsentiert den britisch-nigerianischen Künstler Yinka Shonibare CBE in einer umfassenden Retrospektive mit rund 60 Arbeiten der letzten 30 Jahre. Es ist dies die größte Personale, die je in Europa gezeigt wurde.

 

Mit der Ausstellung „Yinka Shonibare CBE. End of Empire“ will Thorsten Sadowsky, Direktor des Museums der Moderne Salzburg, Themen der Identität, des Rassismus und des Postkolonialismus in den Blick nehmen. „Das Denken des Anderen und die Einbeziehung außereuropäischer Perspektiven sind wichtige Voraussetzungen, damit unser eigenes Denken nicht im Vorgarten steckenbleibt. Kunst kennt keine Grenzen und die Aufgabe unseres Museums besteht unter anderem darin, Horizonterweiterungen zu ermöglichen und mit Kunst zum Verständnis unserer Zeit beizutragen“, so Sadowsky. Die Ausstellung des britisch-nigerianischen Künstlers stellt nicht nur einen der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler Großbritanniens vor, sondern präsentiert mit ihm auch eine zentrale Stimme der postkolonialen Diskussion. Shonibare (*1962) beschäftigt sich in seinem medienübergreifenden Oeuvre mit kulturellen Identitäten, mit den kolonialen Verstrickungen des Britischen Empire und den sich daraus ergebenden Machtverhältnissen. Er wurde in London geboren, wuchs in Lagos auf und kehrte zum Kunststudium wieder nach England zurück. Mit der Auftragsarbeit Diary of a Victorian Dandy, die 1998 als Plakatserie in der Londoner U-Bahn gezeigt wurde und in der er sich selbst als farbigen Dandy inmitten einer weißen Gesellschaft und Dienerschaft inszeniert, erlangte er schlagartig Berühmtheit. Der Künstler nimmt hier auf die Serie A Rake’s Progress (1734) von William Hogarth Bezug, mit dem er Sozialkritik und seine Vorliebe für satirische bildliche Darstellungen teilt. Einem größeren Kunstpublikum wurde Shonibare durch seine Arbeit Gallantery and Criminal Conversation auf der von Okwui Enwezor kuratierten documenta 11 im Jahr 2002 bekannt.
 

Markenzeichen seiner Kunst sind die lebensgroßen, theatralischen Tableaus, in denen das Bildpersonal in viktorianischen Kostümen aus vermeintlich afrikanischen Stoffen auftritt. Solcherart bunt gemusterte Batikstoffe gelten als typisch afrikanisch. Tatsächlich stammen diese Stoffe aus Indonesien, werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Holland, England und inzwischen auch in China produziert und in Afrika vermarktet. Sie erzählen eine globale koloniale Wirtschaftsgeschichte und werden vom Künstler eingesetzt, um tradierte Vorstellungen von Rasse, Kultur und Identität lustvoll zu entlarven. Für die beeindruckende Installation The African Library (2018) nutzt er den Stoff, um Tausende von Büchern zu verkleiden, die an den Kampf der Unabhängigkeit erinnern. Das titelgebende und prominent platzierte Werk End of Empire (2016), zeigt zwei Figuren mit eleganten Kostümen aus bunten Waxstoffen, die auf einer Schaukel wippen und sich freundlich zuwinken. Anders als seine frühen Modelle sind sie nicht kopflos, sondern tragen Globen auf ihren Schultern. Diese zeigen jene Staaten, die in den Ersten Weltkrieg involviert waren und dessen Ende die globalen politischen und wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse grundlegend verändert hat.
 

Mit ihrer historischen Anmutung, der verführerischen Ästhetik und der spielerischen Leichtigkeit seiner Werke gelingt es dem Künstler sein Publikum zu faszinieren, das meist erst auf den zweiten Blick die dunkle Seite der Arbeiten erkennt. Thorsten Sadowsky ist besonders von dieser Ambivalenz und dem theatralischen Moment der Kunst Shonibares fasziniert, die, wie er findet, sehr gut zu Salzburg passt. „In Salzburg trifft man auf ein Publikum, das einen Sinn für die performativen Aspekte im Oeuvre des Künstlers hat.“ Zeitgleich zu „Yinka Shonibare CBA“ zeigt er im Rupertinum Salzburg mit der Ausstellung „This World Is White No Longer“ Ansichten einer dezentrierten Welt, in der der dominante weiße Blick seine Gültigkeit verloren hat. Mit diesen beiden sehenswerten Ausstellungen ist das Museum der Moderne Salzburg von hoher Aktualität. Seit der Black Lives Matter-Bewegung ist das Bewusstsein für die Diskriminierung von Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft in der Öffentlichkeit gestiegen. Der Blick von Künstlerinnen und Künstlern auf das Thema ist lehrreich und lohnend, besonders jener von Yinka Shonibare, der die ethnischen Hierarchien unserer Welt mit Ironie und Parodie infrage stellt.
 

Dieser Text entstand für das Kunstmagazin Parnass.
 
Gerda Ridler [ Juni 2021 ]